Heute vor genau 2 Wochen, am 1.4.2020 um 15:15 hatte ich die Ehre, meiner mir Anvertrauten die Hand zu halten. Es war der Moment, an dem sie ging. Für immer.
Einerseits war es ein Moment der absoluten Panik, der Hilflosigkeit, der Machtlosigkeit, andererseits aber auch der Erleichterung.
Hilf- und Machtlos versucht man Alles, den Menschen, den man viele Jahre an seiner Seite hatte, zu begleiten, zu helfen, zu machen, zu tun,…. Vergebens.
Erleichtert stellt man fest, dass der Mensch, der sich all diese Qualen, Strapazen, Ängste, Schmerzen, und Vieles mehr, antun und erleiden musste, endlich Ruhe hat, schmerzfrei und „entspannt“ einschlafen darf.
Der Mensch, in diesem Fall war es meine mir Anvertraute, hat die Ruhe gefunden, die sie am Schluss dann schon fast wollte. Sterben, das wollte Sie nie. Sie hat es nie gesagt, sicherlich öfter daran gedacht. Sie wollte eigentlich nur leben. Einfach so. Leben.
… verstorben im 60ten Lebensjahr….
Den 60ten Geburtstag hat sich nicht mehr erlebt, unseren 18ten Hochzeitstag hat sie nicht mehr erlebt, endlich offiziell in Pension gehen zu dürfen, hat sie nicht mehr erlebt, die Enkel erwachsen werden zu sehen, hat sie nicht mehr erlebt, das weitere Leben, hat sie nicht mehr erlebt…..
Das Licht ist erloschen.
In den letzten 2 Wochen haben sch die Dinge überschlagen. Für uns zumindest. Für mich und die Familie.
Die Bürokratie schlug bereits 30 Minuten nach dem Tod meiner mir Anvertrauten das erste mal zu. Die Vorabbescheinigung des Todes samt Auflistung der vorhandenen Wertgegenstände musste unterzeichnet werden. Ist so. Muss sein.
Die nächste Fasttragödie wurde durch Corona (wie sollte es auch anders sein) ausgelöst.
Ich habe es noch geschafft, den Oberarzt davon zu überzeugen, die Geschwister samt Tochter als letzte Besucher meiner mir Anvertrauten, auf die Station zu lassen.
Quarantäne und so….
Ein „Sie ein letztes mal sehen“ war möglich! Und es war gut!
Nächster Schritt war, den Bestatter zu informieren. Am folgenden Tag gings dort hin. Termin um 10:00. Partezettel erstellen, Fotos aussuchen, Termin für die Verabschiedung der Urne ausmachen, planen, planen,… Und wieder einige Formulare ausfüllen, Andere abgeben, an Alles denken, etc.
Die Familie informieren, möglichst Keinen vergessen, Freunde anschreiben, anrufen, skypen, whatsappen und so weiter.
Besuche, persönliche Treffen etc, alles wurde durch die Coronasperren gestoppt, ganz verboten.
Denken, weinen, trauern, vermissen, verzweifeln, denken. Denken an sie. Zu mehr war ich nicht mehr fähig. Schlafen war nicht mehr. Denken war angesagt, trauern, weinen, verzweifeln, vermissen.
Um 3 Uhr nachts an Blumengestecke zu denken. Um Mitternacht an Kerzen, an Rosen mit Schleifen, an die Verabschiedung, an Dies, an Jenes…..
Das Hirn macht keine Pause, der Körper musste sie machen, schlug dann zu, bedankte sich mit Magenschmerzen, diversen anderen Blödsinnigkeiten und drehte mich ab, legte mich (etwas) lahm. Ich wurde von über 200 auf 0 abgebremst. Schlagartig. Obwohl ich es wusste. Wir beide wussten es…
Die ersten Beileidsbekundigungen trudelten ein. Denken, weinen.
Die Anrufe wurden mehr, Viele trauerten mit uns, tun es heute noch. Denken, weinen.
Dann kam der Freitag vor Ostern, der Karfreitag. Die Verabschiedung der Urne sollte erfolgen.
Ich hatte die Blumengestecke schon geholt, drapierte sie im Garten, lief völlig unsinnig durch die Gegend, hatte Blutdruck ende nie, und Angst.
Angst vor dem, was passieren würde. Ich wusste, dass es schlimm werden würde.
Ich hatte recht.
Der Bestatter kam, baute einen kleinen Tisch, einen Ständer für ein Bild und andere Dinge auf, stellte die Urne meiner Frau darauf und beruhigte mich. Er musste es…
Der Diakon sprach einige schöne Worte, blieb dabei aber auch weltlich, gestaltete die Verabschiedung im heimischen Garten sehr schön. Die versammelte Familie verstreute sich anfangs coronakonform im Garten, hielt die Bestimmungen und Abstantsregeln ein und legte dann noch Blumen an die Urne.
Es war schön. Es war gut.
Für mich, die Familie, war dies ein Abschluss, ein letztes Lebewohl.
Dass ich die Ehre hatte, die Urne meiner mir Anvertrauten, dann wegtragen zu dürfen, erfüllte mich mit unglaublicher Trauer. Aber auch mit Ruhe und Glück.
Ich durfte meine mir Anvertraute nochmals in den Arm nehmen…….
Nachtrag:
Ich möchte mich herzlichst und in aller Form für die vielen Beileidsbekundgungen bedankeen. Auch wenn mir die Worte fehlten, ich nur kurz und knapp ein Danke formuliert habe, danke ich allen, die an uns gedacht und/oder geschrieben haben.
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❤
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Lieber Peter,
dein Post heute wieder, habe ich gelesen und auch wie die anderen seit der Diagnose zur Kenntnis genommen. Habe auch wenig kommentiert, da wir sowieso fast täglich Kontakt hatten per Telefon. Ich hab oft gelesen von Freunden die Dir beistehen. Ich weiss das ich einer der besagten war, die seit ich dich/euch kenne zusammen gewachsen sind wie eine Familie. Auch wenn ich jeden Tag deinen Texte gelesen hatte, wusste was darin stehen würde. Haben Sie mich immer berührt. ich würde mal böse behaupten ich war mittendrin anstatt nur dabei. Wäre jederzeit 300 km hoch gefahren zu euch. Hätte jederzeit alles für meine Neue Familie hinter dir gelassen.
Ich muss dich jetzt mal echt loben. Deine Dir anvertraute hatte eine Wahnsinns Kraft. Das bewunder ich. Aber mein Freund der mir so nahe steht wie kein anderer. Was hast du seit dem nicht nur für dich getan, sondern warst auch noch nebenher für mich da. Hast mich begleitet bei meiner Mutter, obwohl du immer mehr auf dich laden musstest. Wir haben und gegenseitig so direkt unterhalten das es anderen unheimlich gewesen wäre. Wir beide haben Menschen verloren die nicht ersetzbar sind. Wir haben Freundschaft gefunden, sie seines gleichen sucht.
Mir fehlt meine Mutter, mir fehlt deine Frau. Gefühlsmäßig ist es das gleiche.
Wir haben die frage besprochen ob du dein Blog weiter machen sollst…
Meine Antwort. Ja Bitte. Es sind wichtige Menschen nicht mehr da, es ist alles anders. Aber Wir waren da draußen, gemeinsam, bei dem ganzen Wahnsinn. Du bist der P. behalte dir das. Deine Familie, Freunde, bekannte schätzen das an dir. Egal wer das jetzt hier live erleben kann oder in irgend einer anderen Form miterlebt..
Alle sind sie bei dir. Leser, Freunde, Familie. Egal wie Nah oder fern.
Der P ist und bleibt was ganz besonderes.
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THX und Taka-taka… du weißt, was ich meine! Solche Nächte bräuchte man gelegentlich.
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taka taka mein freund
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Dein Blog habe ich nicht lesen können, da waren die Einschläge zu nah an eigenen Erfahrungen. Das ist der erste Text hier, den ich gelesen habe, seit Du zu erstenmal auf meinem Blog vorbeigekommen bist. Es tut mir furchtbar leid, dass sie es nicht geschafft hat. Immerhin ist sie dann friedlich eingeschlafen und hat es jetzt hinter sich. Ich wünsche Dir viel Kraft beim Damit-fertig-werden.
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Danke sehr! Kraft kann man gebrauchen!!
Mit solchen Erfahrungen, bin ich ja leider nicht alleine auf dieser Welt. Aber es trifft eben jede und jeden einzelnen anders und doch gleich hart.
Kraft ist wichtig, wünsch ich dir daher auch!
Danke!
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Danke Dir!
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Schön, von Dir zu „hören“
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Danke sehr! Bin erstaunt…..
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Lieber Peter, das hast Du gut gemacht! Ein schöner Abschied und so perfekt getimed in dem Coronawahnsinn. Immer noch auf den letzten möglichen Waggon gesprungen. Das freut mich. Jetzt gönn Dir einmal Ruhe und Selbstfürsorge. Alles Gute!
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Danke sehr herzlich! Wir beide wissen, wovon wir sprechen….. Leider!
Danke sehr!!!
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